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Grundlagen

2. Reflektieren

 


Reflex
Inhalt:
  1. Problemaufriss
  2. Das Lerntagebuch
  3. Das Lernportfolio

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Wenn Sie sich im Spiegel am frühen Morgen ansehen, fällt es Ihnen viel leichter, sich zu kämmen, Zahnpastaflecken zu entfernen, ... Sie benützen den Spiegel für den Hausgebrauch täglich. Haben Sie unterwegs keinen zur Hand benutzen Sie eine spiegelnde Fläche. Dabei achten Sie auf die Verzerrungen, die durch eine unebene Fläche auftreten können. In diesem Sinne ist die Unterrichtsreflexion ein Spiegel, mit mehr oder minder großen "Verzerrungseigenschaften". Selbst- und Fremdreflexion können helfen Wunschvorstellungen zu entdecken.

1. Problemaufriss

Wer hätte sich nicht schon gewünscht, dass beim Unterrichten die Beherrschung einiger Tips und Tricks die Aufmerksamkeit der ganzen Klasse sicher und der Lernerfolg garantiert ist.
Dieser Glaube an die richtige "Art von Technik", an technische Rationalität, basiert auf 3 Grundannahmen:

  1. Für ein konkretes Problem gibt es eine allgemeine Lösung.
  2. Die allgemeinen Lösungen wurden von Fachleuten entwickelt und muss von der Lehrkraft nur noch in den Unterricht übertragen werden.
  3. Die allgemeinen Lösungen funktionieren auch in meiner speziellen Klasse.

Wenn ich diese Annahmen für richtig halte, so hat dies natürlich auch Auswirkungen auf meine Referendariatszeit. Ich lerne entsprechende Theorien aus der Literatur oder verwende das Wissen der Praktiker/ des Mentors und wende dies als Rezept auf meinen Unterricht an. Lernen die Schüler gut, benehmen sie sich vorbildlich, dann habe ich das "richtige Wissen". Wenn es dem nicht so sein sollte, dann hab ich halt den "Stein des Weisen" noch nicht gefunden.

Die Verhältnisse liegen aber an der Schule nicht so einfach:

  1. Es ist nicht eindeutig zu erkennen, was in einer Klasse das Problem ist.
    Oft gibt es nur verwaschene, undeutliche Eindrücke: "Irgendetwas stimmt nicht."
  2. Es gibt bereits "lokales Wissen" - oft unbewusstes, nicht verbalisiertes Wissen - von Wirkzusammenhängen, das oft effektiv genutzt wird oder aber auch Verursacher von Problemen sein kann.
    Handlungsroutinen z.B. können den Unterricht erleichtern aber auch Ursache von Unterrichtsstörungen sein.

Nachdenken über Unterrichten und Erziehen - also reflektieren - ist eine Möglichkeit, sich seiner Handlungsformen und mit dem damit verbundenen Wissen auseinanderzusetzen. Dabei lassen sich verschiedene Grundformen von Handlungstypen erkennen.

Handlungstyp I: Die Routine

Interessanterweise zeigt die Unterrichtsforschung, dass bei "effektiven Lehrern" mehr Routinen vorhanden sind, während Novizen oder "schlechten Lehrer" sehr viel länger über unterrichtliche Entscheidungen nachdenken. Sich seiner Routinen bewusst zu werden und diese gegebenenfalls zu erweitern, dürfte wohl der erste Schritt auf dem Weg zur Professionalisierung sein.

Handlungstyp II: Reflexion in der Handlung

Handlung II

Bei diesem Handlungstypus wird innerhalb des Verlaufs ders Unterricht bewusst über etwas nachgedacht:

Während Lehrkraft A unterrichtet (...) beobachtet sie die Situation in der Klasse. Besonders sorgfältig nimmt sie das Verhalten einiger schwächerer Schüler wahr, u.a. jenes von Hans, von dem sie (das ist ihre subjektive Theorie von Hans) aufgrund früherer Erfahrungen wenig Interesse erwartet. Ihr fällt z.B. auf, dass Hans sie aufmerksam ansieht und eine vernünftige Frage stellt (Die Vorerwartung der Lehrkraft "Hans ist uninteressiert, ... " wird enttäuscht = Diskrepanzerlebnis).
Der Eindruck, den die Lehrkraft gewinnt, verdichtet sich und wird von Interpretationen und Gefühlen begleitet: z.B. "Hans arbeitet mit." "Er dürfte heute seinen guten Tag haben." "Vielleicht habe ich ihn früher doch unterschätzt".

Die Lehrkraft ist sich aber nicht ganz sicher: "Ist er wirklich bei der Sache? Oder tut er nur so? Immerhin schreibt er nichts auf ( = Tendenz, Beweise für die Berechtigung der alten Theorie zu suchen)".

Er möchte es genauer wissen und stellt Hans eine Frage, die er beantworten können müsste, wenn er wirklich zugehört hat ( = Handlung der Lehrkraft)..

Hans kann die Frage beantworten und der Lehrer wirft ihm einen anerkennenden Blick zu. Unter Umständen bildet sich die Lehrkraft eine neue Meinung über die Leistungsfähigkeit von Hans (Neubwertung der Fakten führt u. U. zu einer neuen Subjektiven Theorie von Hans).

Beispiel nach:
Altrichter &. Posch (1994):
Lehrer erforschen ihren Unterricht. S.265

Handlungstyp III: Reflexion über die Handlung

Immer, wenn durch das Handeln Probleme erfolgreich gelöst werden, ist es nebensächlich, ob das dahinter stehende Wissen auch bewusst gemacht wird. Da es aber entscheidende Vorteile gibt, wenn Problemlösungs bzw. -verhinderungsstrategien, zugänglich sind, rentiert es sich, über sie Klarheit zu verschaffen.

  1. Wissen wird analysierbar und kann u.U. auf andere Kontexte übetragen werden.
  2. Über das Wissen kann gesprochen werden. Andere Menschen: Kollegen, Schüler, Eltern profitieren davon.
  3. In besonders schwierigen Situationen steht ein Fundus besonders reflektierter Methoden zur Verfügung.

Bei diesem Handlungstyp findet die Reflexion nach der Handlung - sozusagen in einem geschützten Raum - statt.

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2. Das Lerntagebuch

Während der Ausbildung machen wir täglich neue Erfahrungen, die aber häufig im Trubel des Alltags einfach untergehen.
Und da wir oft durch unsere Sozialisation daran gewöhnt sind, nur auf das zu achten, "was schief geht oder schief gehen könnte" übersehen wir ganz leicht, auf welchen Erfahrungen und Fähigkeiten wir aufbauen können.

Lerntagebücher sind ein Verfahren, systematisch über das Lernen nachzudenken. Gerade wenn wir selbstgesteuertes Lernen initiieren möchten ( vergl. den Auftrag des Bildungsplanes), benötigen wir ein Werkzeug. mit dem wir:

  1. Lernprozesse organisieren

  2. Lernprozesse reflektieren und

  3. bewerten.

In der Regel wird das Lerntagebuch individuell geführt.
Bei Projektarbeiten kann es jedoch durchaus auch notwendig werden, ein Gruppenlerntagebuch anzufertigen.

Gesichtspunkte:

  1. Ich führe das Lerntagebuch zu einem bestimmten Zeitpunkt regelmäßig .

  2. Alle beschrittenen Wege - mit den Irrtümern und Lösungsansätzen - werden verzeichnet. Dies ist besonders wichtig, weil für der für ein bestimmtes Problem angewandte "falsche" Lösungsweg, sich bei einem anderen als nützlich erweisen kann.

  3. Ich beschreibe die Annäherung an ein selbst- oder auch fremdgesetztes Ziel und bewerte den Lernfortschritt SELBST.

  4. Fehlen mir Wissen oder bestimmte Fertigkeiten zur Erreichung des Zieles, überlege ich, wie ich die fehlenden Bestandteile erwerben kann.

  5. Weil Kognitionen immer mit Emotionen verwoben sind, kann ich mir auch Rechenschaft geben, wie ich mich bei diesem Lernprozess fühlte.

  6. Mit dem Lerntagebuch kann ich mir auch in einer freien Minute überlegen, ob die gefundene "erfolgreiche" Lösung, nicht durch eine andere ergänzt werden kann. Auf diese Weise erwerbe ich eine Vielzahl an positiven Handlungsalternativen.

Mit Hilfe des Lerntagebuchs kann ich mich auf ein Beratungsgespräch qualifiziert vorbereiten.

Fragen für ein Lerntagebuch

Ein Vorschlag

Links: www.schule.suedtirol.it - In die Suchzeile das Stichwort Lerntagebuch eingeben. Hier finden Sie Anregungen für die Durchführung in der Klasse.

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3. Das Lernportfolio